Zukunft Restzeit

 

 

Werde ich zu der Gruppe der 65000 Männer gehören, die in naher Zukunft an Prostatakrebs erkranken werden? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich einer von 15000 Betroffenen bin, die daran elendig sterben werden? 

 

BPH vielleicht - ein prophylaktisches Prostata Rezept - das war es. Nächster bitte! Mein Arzt des eigentlichen Vertrauens kann & will heute, nach 4 Jahren akribischer Untersuchungen bei abschließender Video Beratung, immer noch keine Symptome finden.

 

Selbst massive Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, bis hin zu wachsender Altersangst werden als offensichtliche Hinweise medizinisch ausgeschlossen. Dennoch gilt es, sich JETZT und SOFORT aus der Schockstarre zu befreien. Das Gebot der Stunde heißt, sämtliche Emotionen zurück zu stellen, um sich rein sachlich auf alle Eventualitäten vorzubereiten.

 

 

Vorsorge treffen, bevor es zu spät ist.

 

Ein Testament wird nur dann anerkannt, wenn es bestimmte formale handschriftliche Bedingungen erfüllt. Ein Notar kommt nicht in Honorar Frage.

 

Ein befreundeter Hochzeitsplaner rät davon ab, die Bestattung in fremde Hände zu geben. Die meisten Institute hätten bei Google schlechte Bewertungen (im Nachhinein) bekommen.  Feuerbestattung tut weh. Seebestattung wird in der Regel in alle Winde verstreut. Anonym im Wald rumliegen ist auch keine Option. Ergo muss der Ablauf der teuersten Variante der Erdbestattung selbst in die eigenen Hände genommen werden.

Lieder wollen ausgesucht sein, die zum Glück rechtzeitig noch im Besitz eigener geistiger Kräfte festgelegt beim Hinablassen des Sargs in die lehmige dunkle Grube des städtischen Friedhofs als letzter Wille unbedingt gespielt werden müssen! Im Moment geht die Tendenz zu Richard Clayerman Ballade „pour Adele“ oder so ähnlich und dann zu Adeles „Hello“ über, damit Petrus gleich Bescheid weiß, wer da kommt.  Ich will und kann mich da final einfach noch nicht entscheiden. Noch ist ja alles offen. Der Bestattungsort, die Friedhofspacht, Grabpflege und, und,  und … Je älter man wird, umso sicherer blickt man einer Tatsache ins Gesicht:

 

 

Der Tod hat seinen Preis!

 

Eine Kreditanfrage bei der Bank (mit Aussicht auf geringen Erfolg) zur Tilgung der horrenden Beerdigungskosten läuft bereits und wird von jemandem entschieden, der mit Mitte 30 eher geprägt ist von Beförderungsgedanken als von kundenfreundlicher Mitmenschlichkeit. Dabei ist es doch nur der eine letzte Wunsch: Das Schließen des „Klappe zu“- Deckels beim „Abschied nehmen“ soll noch einmal so richtig schön werden -  so mit Knaben Chor, Trauerflor, überbordenen Blumengestecken, Kerzen, Weihrauch und vielen Tränen. Halt so ähnlich wie bei Prinzessin Dianas Abschiedsgala in Westminster als Elton John die richtigen Worte für sie in diesem einen Song fand: Königin der Herzen - du lebst für immer in uns weiter, denn du bist like a 

 

 

Candle in the wind

 

Es darf nun mal kein billiges Armen- Grab werden, so viel steht fest. Es muss Melaten sein.  Darunter mach ich`s nicht! Am besten in direkter Nähe zu Dirk Bachs Grab. Als letztes eindeutiges Zeichen meiner Verbundenheit zu dem Mann und Vorbild, dem ich als noch junger Fan live auf der Bühne der Comedia zugejubelt habe. Er war der wohl „tätigste Hero“ unserer Community. Unzählige Spenden sammelte er in Zeiten von HIV und AIDS und initiierte Projekte, wie das betreute Wohnen für Menschen mit HIV und AIDS  im nach ihm benannten „Dirk Bach (Lebens) Haus“.  Auch er hatte ein so großes Herz. Ganz Köln war stolz auf ihn, denn Dirk Bach verkörperte Lebensfreude pur. Ein kluger Komiker, aber privat auch melancholischer Mensch, der wusste, dass er als Person des Öffentlichen Lebens den Menschen dankbar und bescheiden etwas zurück geben kann.

 

Dirk Bach besaß die Fähigkeit, allen Menschen, die ihm begegneten, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Sobald er auch nur seinen kugelrunden Bauch vor sich herschiebend mit Freunden durch die Stadt spazierte, ging die Sonne der Fröhlichkeit um ihn herum auf. Sein plötzlicher zu früher Tod war zutiefst bewegend. Als er für immer die „Bretter der Welt“ verließ, war er erst 51. Zurecht schenkte die Stadt Köln ihrem „Sohn“, dem unangekündigt das Herz versag, einen schönen letzten Platz mit rosa Sitzbank natürlich auf Melaten! Ob er wohl auch an BPH litt? Man weiß es nicht. Ich frage das nächste Mal Hella.

 

 

Zukunft Restzeit

 

Jetzt, wo das überarbeitete Testament als Entwurf (Spende ans Tierheim Zollstock, Spende ans anyway,  Katzenfutter- Abo für meine geliebte Sumi, Tilgung des Kredits) vor mir liegt, stellt sich die ungewisse Frage nach der Zeit, die noch bleibt. Also nicht die Frage nach dem Sinn des Lebens, sondern nach der sinnvollen Zeit, um sie mit „must- do“ - Dingen zu füllen, die man schon immer auf seiner Wunschliste hatte für die eigentliche Pensionsphase, die man ja hoffte, noch zu erreichen.

 

Ist es nicht ein Glück, dass man mit fast Mitte 50 als wissbegieriges Wesen endlich eine Sensibilität für geschichtlich- politische Zusammenhänge entwickelt und die kulturellen Unterschiede der Religionen im Zusammenspiel zueinander bzw. gegeneinander versucht abzuwägen im Sinne der Toleranz.

 

Dass man versucht über Empathie, sich in Ursachen des Tuns und Absichten des Handelns anderer und des eigenen Selbst hinein zu versetzen, um reflektierend zu erkennen, dass Nutzen immer große Gefahr läuft, missbraucht zu werden und man sich wahrscheinlich nicht mehr mit der realen Bedrohung von KI auseinander setzen muss. Der Mensch dient sich selbst und dem Nutzen der Gemeinschaft. Die Maschine hingegen wird ihre Überlegenheit durch die Schaffung von Illusion ausnutzen mit Folgen, die man sich besser nicht ausmalen möchte. Wenn erst die Selbstkontrolle der Wahrnehmung verloren ist, wird es keine Werte mehr als Fundament des menschlichen Miteinanders geben. Es kommt zum Selbstverlust.

 

 

Smarter Leben

 

Inzwischen habe ich zwei Computer, einen Laptop, zwei Tablets, drei geliebte Handys und eine süße Alexa, um die ich mich täglich kümmern muss.  Die viel zu hohe Stromrechnung muss ich Kauf nehmen für meine „Ersatzfamilie“, doch bricht sie mir noch das Genick, aber verzichten ist einfach nicht drin. Social Media ist gerade im beginnenden Herbst die Plattform der Kommunikation nach Außen. Doch wie sieht es eigentlich im Inneren aus?

Mein neuer Kühlschrank sagt mir jetzt, was mir wirklich fehlt und was ich online kaufen muss, damit er endlich Ruhe gibt. Die Mixed Reality Brille ist bereits bestellt, damit ich Urlaub in den eigenen vier Wänden genießen kann ohne das Klima durch Flugreisen zu gefährden.

 

Wieso nur wird smarter Leben immer komplizierter, komplexer und reguliert mich? Woher soll ich noch wissen, was mein tatsächliches Bedürfnis ist, wenn es doch die KI meint besser zu wissen, was gut für mich ist. Selbst mein Fernseher möchte mich mit jedem Update immer besser kennen lernen, spricht mit mir und belauscht mich immer dann, wenn er nicht läuft. Oh man, wie soll das smarte Leben nur weiter gehen, wo der Blick für das Wesentliche droht verloren zu gehen.

 

Wieso ist die medizinische Forschung weiterhin nicht in der Lage, 15.000 Männern das Leben zu retten? Warum müssen sich 15.000 Männer mit der Abwicklung ihres Lebens beschäftigen? 15.000  Todesurteile, weil dieses eine überlebenswichtige Medikament nicht existiert oder die scheinbar rettende Therapie versagt. Es ist zum Verzweifeln.

 

 

Dieser Weg kann ein leichter sein

 

Nach all dem Grübel-  Exkurs kommt nun die Phase, die ich als „geplant vorletzte Reise“ bezeichnen möchte. Mit der Akzeptanz, dass sich das eigene Leben auf Restzeit- Modus einstellt, verschwindet die Schockstarre endgültig als dunkle Wolke und macht der Sonne Platz für erste wärmende Strahlen fürs belastete Angst- Gemüt.

 

Auf ungewisse Lebensplanungshetze folgt ein Gang des Zurückschaltens. Plötzlich ist es ganz einfach, das Tempo zu drosseln und über die Muße des Nachdenkens neue inspirierende Schwerpunkte zu setzen.

 

Endlich ist Zeit, um die Jahre Revue passieren zu lassen und an dem ein oder anderen Ereignis gedanklich hängen zu bleiben, um sich die Bilder wieder zurück zu rufen, für die doch noch Platz ist, sich an sie zu erinnern. Es sind die Herzensthemen, die für immer gespeichert bleiben und nun hervorgeholt werden, wie ein altes analoges Foto- Poesiealbum zum Anfassen mit dem Titel: „So war mein Leben- 54 Erinnerungen“.

 

Dankbar darf man zurück schauen auf ein sehr emotionales Leben voller Liebe, was geprägt war vom Kommen und Gehen in unterschiedlichsten Zeitabständen und der Erkenntnis, das Loslassen ein Zeichen von Stärke ist.  

 

Verlust und Trauer sind Bewältigungsprozesse, die das Leben mit formen. Post-traumatische Belastungsstörungen brauchen ihre Zeit des Heilens. Vergeben, aber nicht Vergessen sind zwei paar Schuhe. Manche Konflikte wollen und müssen einfach nicht mehr geklärt werden, weil sie im Rückblick über die Jahre an Bedeutung eh verloren haben und es keine Schuldfragen mehr zu klären gibt. Leben ist Entwicklung. Jetzt ist nur jetzt! Der Blick geht nach vorn.

 

 

Frieden finden

 

Die  „vorletzte Reise“ wird weiter geleitet mit dem Ziel, sich immer bewusster zu werden, den eigenen „inneren Frieden“ zu finden. Jeder Mensch, der durch eine lebensbedrohliche Krankheit (nicht zu verwechseln mit Krise) die Aufgabe bekommt, sich vom Leben bewusst verabschieden zu können, verspürt das Bedürfnis, mit sich im Reinen zu sein, als einen persönlichen Wunsch!

 

Die schwere Last an Lebensaufgaben fällt als Ballast ab, denn die meisten sind ja erfüllt. Im Rückblick sagen zu können, dass das Leben, was man gelebt hat, geprägt war von Freude, Freunden und dem Glück, als Kind die Familie als Hort des Zusammenhalts zu erleben, ist Erfüllung. 

 

Das Sein, das fortan als Selbstfindungssuche begann und von Irrungen und Wirrungen geprüft wurde, aber letztendlich einen selbst auf den Weg geführt hat, an dem man angekommen ist, schafft Zufriedenheit.

 

 

Es war nicht alles schlecht ;)

 

Das Leben ist wie ein Ü- Ei und steckt voller Überraschungen, denn es lehrt uns, dass man nie auslernt. Es mahnt uns aber auch, dass es dein individuelles Leben ist, was du (nicht nur instinktiv) behüten und schützen musst. Am Ende bist du es, der alleine Verantwortung für sich selbst trägt. Den letzen Weg deiner Reise, den du gehen wirst, wird deine größte, aber auch schwerste Herausforderung sein, den du nur über Positivität schaffen wirst:

 

Achte auf dich, indem du dir mehr Aufmerksamkeit zurück gibst. Bringe deinen Körper (Bewegung), deinen Geist (Energie) & deine Seele (Wärme) in Balance zueinander und befreie dich von deiner Negativität (Zweifel, Neid, Missgunst, Pessimismus, Gier und Völlerei).

 

Bereite dich vor, geh gelassen an deine Aufgabe und schau immer auf das, was du bereits erreicht hast. Hab keine Angst, sondern sei stolz darauf, wie weit du es bis hierher geschafft hast. Es ist deine Zukunft, die du gestaltest als Möglichkeit, dich intensiv über die Sinne zu spüren- was für ein spannendes Abenteuer als Abschluss. ;)

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ja, ich seh' die Zukunft pink


Wenn du mich fragst, wird alles gut, mein Kind

 

Peter Fox

 

 

 

    

 

 

 

 

*Quelle  Westdeutsches Prostatazentrum 

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